5. bei den „Deutschen“ beim Blockmehrkampf
(Lübeck, 6.9.2015)
War das ein Wettkampf. Mit dem 23. Platz in der deutschen Bestenliste im Gepäck reiste Jan Bieler zu den deutschen Blockmehrkampfmeisterschaften nach Lübeck, wo 19 Konkurrenten auf ihn warteten. 14 davon hatten eine bessere Vorleistung wie Jan, der sich mit 2808 Punkten knapp aber sicher die Quali für die „Deutschen“ in Landau gesichert hat.
Zielsetzung war eine Plazierung unter den ersten 8, damit kommt man auf das Siegertreppchen. Der Trainer allerdings hoffte schon auf den 6. Platz, denn er hatte im Vorfeld die möglichen Leistungen von Jan hochgerechnet und mit den Punktzahlen der Konkurrenz verglichen – in der Hoffnung, die Konkurrenz steigert sich nicht.
Interessant und auch für den Trainer Neuland war die Wettkampfvorbereitung. Jan hatte sich im Juli und August durch seine guten Weitsprungleistungen für immer höheren Wettkämpfe qualifiziert, mit dem Ergebnis eines 8. Platzes bei den deutschen U-16-Meisterschaften. Dadurch musste die Trainingsintensität sehr hoch gehalten werden mit der Frage, ob man die Form bis zu den deutschen Mehrkampfmeisterschaften hoch halten kann. Immerhin ein Zeitraum von 12 Wochen.
Bis 2 Wochen von den Meisterschaften wurde dann auch kräftig am Sprint, Hürdenlauf, Kugel und Diskus gearbeitet. Dann fuhr Jan in Urlaub in Ostsee, nahe dem Austragungsort der „Deutschen“. Im Gepäck allerdings ein kleiner Muskelfaserriss, zugezogen im letzten Training.
Kurz: 12 Wochen Training auf hohem Niveau, dann 2 Wochen gar nichts, dann Wettkampf. Die Spannung, ob das gut geht war riesengroß.
Dazu kam noch, dass kein Trainer mitfahren konnte, Vater Wolfgang übernahm die Betreuung. Ausgestattet mit einer zweiseitigen Lektüre mit möglichen Fehlerbilder von Jan bei seinen 5 Wettbewerben und auf was er achten soll.
Der Wettkampf begann mit einem Paukenschlag. 11,85 sek über 80 m-Hürden, erstmals die 12-sek-Barriere geknackt und sein erster Vereinsrekord an diesem Tag. Und die erste Zitterdisziplin mit Bravour überstanden.
Mit der Weitsprunganlage kam keiner zurecht. Jan gelang nur ein Sprung über 6 Meter. Einige Konkurrenten blieben einen halben Meter unter ihrer Bestleistung. Es stellte sich dann heraus, dass die 6,24 m der drittbeste Sprung der Konkurrenz war. Und plötzlich befand sich Jan auf dem 3. Platz in der Gesamtwertung.
Dann die nächste Zitterdisziplin, das Diskuswerfen. Im Training zeigte Jan alles, weite Würfe, kurze Würfe und Würfe ins Netz. Er demolierte sogar seinen Hochleistungsdiskus beim Wurf an den Wurfkäfig, musste mit einem Ersatzdiskus aus dem Grünstadter Depot werfen.
Jan blieb erstaunlich cool und legte eine Serie hin, bei dem alle 3 Würfe über seiner bisherigen Bestleistung lagen. Beim 3. Durchgang flog die Scheibe auf 41,43 m, sein nächster Vereinsrekord. Er konnte den 3. Platz in der Gesamtwertung verteidigen.
Was hat er auf der Sprintstrecke drauf, er wurde letztmals im Juni auf einem Wettkampf gestoppt?
Jan zeigte Biss, gewann seinen Lauf und lief in 12,20 sek sogar eine neue Bestzeit. Und das bei
2,0 m/sek Gegenwind! Mit dem gleichen Rückenwind wäre eine Zeit unter 12 möglich gewesen.
Trotzdem Zufriedenheit, denn Jan war immer noch auf Platz 3 in der Gesamtwertung. Wie lautete doch die Zielsetzung? Einen Platz unter den besten 8.
Kugelstoßen zum Abschluß, eine starke Disziplin von Jan. Würden die Nerven standhalten. Und sie hielten Stand, denn beim zweiten Stoß schlug die Kugel weit über der 13 m Linie auf. 13,64 m, damit verbesserte er sich und den Vereinsrekord um nicht weniger als 42 cm! Bei diesem Versuch brauchte er gefühlte 10 sek, um sein Gleichgewicht zu halten und nicht aus dem Ring zu fallen (O-Ton seines Vaters Wolfgang).
Damit hatte Jan den Wettkampf beendet. Er sammelte 2993 Punkte, mehr als sein Trainer bei optimalen Wettkampfverlauf im Vorfeld ausgerechnet hat. Jan erzielte 4 persönliche Bestleistungen und 3 Vereinsrekorde in den Teildisziplinen und natürlich auch Bestleistung und Vereinsrekord beim Blockmehrkampf Wurf.
Aber der Wettkampf war nicht zu Ende, mit Spannung wurde das Diskuswerfen der anderen Gruppe verfolgt. Denn in dieser Gruppe waren die Wurfspezialisten zugange.
Und tatsächlich, zwei der Wettkämpfer aus den ostdeutschen Werferhochburgen schleuderten ihr Gerät weit, sehr weit. Einer übertrag sogar die 60 m-Marke.
Die beiden konnten sich noch auf die Plätze 3 und 4 der Gesamtwertung schieben. Jan war glücklich, denn seine Zielsetzung war weit übertroffen (und die seines Trainers auch).
Jan meinte nach der Siegerehrung:“ Unfassbar, nach den letzten 3 Jahren mit permanenten Trainingsunterbrechungen wegen Verletzungen. Mein Physio sagte, ich solle 14 Tage vor dem Wettkampf nichts machen (wegen Muskelfaserriss). Das mache ich jetzt immer so – mal sehen, was mein Trainer dazu sagt“.
Sein Trainer hätte sowieso die Trainingsbelastung nach den intensiven Vorbereitungswochen stark abgesenkt, so dass die Pause seiner Planung nicht groß widersprach.
Jan weiterhin: “Schade, dass mein Trainer nicht dabei sein konnte. Er verpasst jetzt die Feier und hat sie so sehr verdient. Niemals hätte ich mit Platz 5 gerechnet. Morgen geht die Schule wieder los. Vielen Dank an meinen Direktor, dass ich erst am Dienstag wieder antreten muss“.
Sein Trainer hat gern auf die Feier verzichtet, denn er musste sich erst mal erholen von dem aufreibenden Wettkampf. Er verfolgte ihn online auf der Leichtathletik-Seite und gefühlte 50 Mails wurden während dem Wettkampf zwischen ihm und Vater Wolfgang hin- und hergeschickt.
Er meinte, die nervliche Belastung ist nur halb so groß, wenn man vor Ort dabei ist und helfen kann.
In diesem Falle hat Jan ihn nicht enttäuscht, er zeigte einen großen Wettkampf auch ohne Trainerhilfe.